Henning Gais

Natur und Naturprozesse ziehen sich sowohl als Thema, Material und Prozess durch meine Arbeiten. Für mich trägt die Natur in all ihren Ausdrucksformen die Formel vom Urgrund aller Existenz in sich. Die lebendige Natur hat sich über die Millennia zu unübertroffener Schönheit und Vielfalt entwickelt. Leider wird sie von unserer hochtechnisierten Menschen-gemachten Welt immer mehr überwuchert und bedroht.

Kunst kann beides sein - ein zur Meisterschaft entwickeltes Können und die schöpferische Tätigkeit der Natur im Menschen, die einem Grundtrieb des Menschen entspringt und seit Urzeiten eines seiner wichtigsten Ausdrucksmittel ist. Egal um welche Kunstform es sich handelt, ob Theater, Tanz oder die bildenden Künste - Kunst ist Kommunikation mit Mitteln, die über Sprache hinausgehen. Kunst kann mehr sein als kognitiver Inhalt. Sie macht uns oft sprachlos und wirkt ohne den Umweg über den Kopf direkt und sinnlich auf die gesamte Natur des Menschen.

Da sich das Wort ‚Kunst‘ auch von ‚können‘ oder ‚künden‘ ableiten lässt, hängt sie einerseits mit Talent, Übung und Leistung zusammen, andererseits ‚kündet‘ sie von Vielem: von geistigen Idealen, von Zeitgeist und Gesellschaft und nicht zuletzt von Geld und Macht. Lange Zeit war Schönheit das Privileg der Reichen und Mächtigen.

Für mich sind sowohl das ‚Können‘ als auch das ‚Künden‘ wichtig – das, was sich aus meinem künstlerischen Impuls heraus schaffen will, ist es mir auf jeden Fall wert, auch gekonnt geschaffen zu werden, und dafür nehme ich mir viel Zeit.

Kunst ist in erster Linie ein Impuls, der dem kunstschaffenden Menschen selbst entspringt. Er folgt einem inneren Drang und erhält daher allein schon durch das künstlerische Tun Befriedigung. In zweiter Linie ist Kunst aber auch Ausdruck einer Gesellschaft, deren Spiegel sie ist. Immer ist sie dabei ein Kind ihrer Zeit. Die Kunst spiegelt verständlicherweise genau das, was im Leben der Kunstschaffenden große, wichtige Themen sind. Heute ist eine qualitative Einschätzung aufgrund des extrem vielfältigen Angebots auf dem Kunstmarkt schwierig geworden.

Meine Themen scheinen auf den ersten Blick gar nicht zu unserem schnelllebigen Zeitgeist zu passen. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass es wichtig ist, der ständigen Beschleunigung und Beliebigkeit einen den Pol der Ruhe und Zeitlosigkeit gegenüberzustellen.